#TheFirstSecond von Géraldine Fasnacht:  Vogelfrau und Poetin
BASE jump
Donnerstag, 14. Juni 2018

#TheFirstSecond von Géraldine Fasnacht: Vogelfrau und Poetin

Das Aufsetzen seiner Brille oder Skibrille ist der letzte Handgriff vor dem Start.  Danach ist man nur noch auf sich konzentriert.  Es ist ein ganz besonderer, privater Moment, ein Augenblick des In-sich-Gehens, voll gepackt mit Emotion und Erfahrung... "The first Second"  Die erste Sekunde widerspiegelt den Menschen, nicht den Sportler.

 

 

#TheFirstSecond von Géraldine Fasnacht: Vogelfrau und Poetin

"Ich bin Künstlerin, ich ziehe meine Linien"

 

Wenn Géraldine, die Vogelfrau, ihren Wingsuit anzieht und ihre Brille aufsetzt weiß man, dass es gleich weniger um Adrenalin gehen wird, sondern vielmehr um Linien voller Poesie! Du hast schon mehrere Weltmeisterschaftstiteln im Snowbarden geholt und über 3.200 Sprünge hinter dir ... wie bist du eigentlich zum Snowboarden und Basejumping gekommen? 

Géraldine: Das ist mein Traum schon seit ich ein kleines Mädchen bin. Ich habe schon mit 8 Jahren mit dem Snowboarden angefangen, da fühlte ich mich wie ein Surfer, der ewig lange auf einer Welle surfen kann.... Als Kind ist man frei und hat man eine grenzenlose Vorstellungskraft. Ich wollte nie erwachsen werden,  denn je älter man wird, um so mehr Barrieren baut man sich auf, die einen letztendlich daran hindern, sein Leben zu leben...

Meine Eltern haben mich so groß gezogen, sie haben mir immer gesagt, dass nichts fest vorgegeben ist, dass man seine Träume ausleben und das tun soll, wofür man sich wirklich begeistert.

 

Warum hast du nach zahlreichen internationalen Snowboard-Titeln die Disziplin gewechselt und fliegst jetzt durch die Lüfte?

Géraldine: Ich habe 1998 mit dem Fallschirmspringen angefangen und 2001 mit Basejumping, damals hatte ich noch keine Snowboard-Titel.  Ich suchte nach einer Sportart, die ich im Sommer machen konnte und die mir genauso viel Spaß macht und den gleichen Kick gibt wie Snowboarden und die mich motiviert, auf die höchsten Berge zu steigen. Ich sah Bilder von Base-Jumpern und für mich hatten sie  sehr viel mit Snowboardern gemeinsam: auch bei ihnen ging es darum, einen wunderschönen Gipfel zu erklimmen, die besten Bedingungen abzuwarten, Eins zu werden mit den Elementen, zur Ruhe zu kommen, seine Ausrüstung anzuziehen und dann seine Linie durch die Lüfte zu ziehen, so wie Snowboarder sie durch den Pulverschnee zieht. Ich bin Künstlerin, ich ziehe meine Linien. Fliegen, Riden, dem Relief der Berge so gut wie möglich folgen und mit dem Licht spielen... das ist eine Form von Poesie. Aber auch ein Austausch mit der Natur: man läuft, klettert, begegnet Tieren, erklimmt die Bergspitze und dann zum Schluss zieht man seine Linie...

 

Bei dir klingt Basejumping nicht wie ein Extremsport wie er in den Medien erscheint...

Géraldine: Für mich ist das ein extrem sanfter Sport, bei dem man sich und seine Fähigkeiten genau kennen muss.  Ich bin keine Kaskadeurin. Aber natürlich ist es mir auch schon passiert, dass ich nach einem genialen Jump absolut high war und das Gefühl hatte, dass ich alles schaffen kann und nichts mich aufhält.  Als Profisportler kann man schon mal abheben. Wenn man so einen Höhenflug hat und denkt, dass einem alles gelingt, muss man sich unbedingt wieder erden, ehe man erneut springt. Man braucht etwas Abstand und Zeit, um alles etwas sacken zu lassen. Denn bei diesem Sport kann man sich keinerlei Fehler leisten. Zum Glück habe ich viele Freunde außerhalb der Szene, und somit auch andere Interessen, die es mir ermöglichen, ein normales Leben zu führen.  Und zwischen meinen Abenteuern immer wieder mit beiden Beinen auf dem Boden zu stehen.

 

Du sagst also man braucht Besonnenheit und  Ausgeglichenheit für diesen Sport?

Géraldine: Ich mache diesen Sport nur dann, wenn ich mich rundum gut fühle. Man fragt mich oft, ob man nicht ein bisschen "verrückt" sein muss, um Basejumping zu machen. Und dann sage ich, nein, genau das Gegenteil! Man muss in sich ruhen und ausgeglichen sein.... Vor jedem Flug berechne ich eine Flugbahn. Die präge ich mir ein, wiederhole sie mehrmals im Kopf, bis dass ich sie aus dem FF beherrsche... Ich weiß genau, wo ich landen werde, ich habe auch verschiedene "Notlandeplätze" im Vorfeld ausgewählt, ich überlasse nichts dem Zufall. Man muss alles bis ins Detail vorbereiten und antizipieren, so wie ein Pilot seinen Flug vorbereitet.

 

Erzähle uns von dem Moment vor dem Absprung, wenn du deine Brille ins Gesicht ziehst...

Géraldine: Das ist der letzte Handgriff, nachdem ich alle anderen Punkte gecheckt habe... sobald ich die Brille aufhabe, bin ich in meiner eigenen Welt! Das ist der Moment, in dem ich in mich gehe.

Ich konzentriere mich nur noch auf mich und die Außenwelt existiert nicht mehr.  Ich höre nur noch die Geräusche der Natur, den Wind, den Schnee.... Wenn ich oben auf dem Gipfel stehe und bereit bin, dann weiß ich, dass ich hier genau richtig bin! Das ist ein Moment des absoluten Glücks.

 

Géraldine Fasnacht:

Die Inhaberin mehrerer Weltmeisterschaftstitel im Snowboarden, die schon mehr als 3.200 Sprünge absolviert hat und eine der ersten Wingsuit- und Basejumperinnen war, schätzt die poetische Seite ihres Sports:  "Ich bin Künstlerin, ich ziehe meine Linien"



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